Das Denkmal der grauen Busse – WOHIN BRINGT IHR UNS?
Es wirkt auf den ersten Blick seltsam: Ein Bus, mitten auf einer Rasenfläche am Rhein. Aufgeschnitten in zwei Hälften, aus Beton, massiv, grau. Ohne Erläuterung erschließt sich dieses Mahnmal nicht. Auch die Inschrift im Inneren des aufgeschnittenen Busses lässt den Betrachter mit Fragezeichen zurück: WOHIN BRINGT IHR UNS? 1940 / 1941
Massenmord an Psychiatriepatienten
Dieses Mahnmal erinnert an die „Aktion T4“ in der Zeit des Nationalsozialismus. Mit dem euphemistischen Begriff „Gnadentod“ wurde im Nazi-Jargon die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ bezeichnet.
Mehr als 70.000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen wurden in den Jahren 1940 und 1941 systematisch ermordet, bis 1945 fielen dieser unmenschlichen Behandlung mehr als 200.000 Menschen zum Opfer. Der Begriff „Aktion T4“ wurde erst in der Nachkriegszeit geläufig. In der Tiergartenstraße 4 in Berlin war die zentrale Verwaltungsstelle für die Leitung der Ermordung behinderter Menschen im Deutschen Reich
Die Nazis rechtfertigten die Ermordung der Menschen mit Behinderung durch ihre Vorstellung der „Rassenhygiene“: Der „Deutsche Volkskörper“ sollte nicht durch die Fortpflanzung von unerwünschten Menschen „verunreinigt“ werden
Die „Aktion T4“ lief zwar unter strikter Geheimhaltung ab. Das Schicksal der Insassen in den grauen Bussen war aber sowohl den Mitarbeitern der psychiatrischen Anstalten, den Busfahrern und auch den Bürgern in den Orten, durch welche die Busse rollten, bekannt.
Standort vor der Hauptverwaltung des LVR
Aus dem Rheinland wurden fast 10.000 Psychiatriepatienten umgebracht, zum Beispiel aus der Klinik Bedburg-Hau unter Verwaltung des Rheinischen Provinzialverbandes. Und so erklärt sich auch der Standort des Mahnmals: Der aufgeschnittene Bus steht in unmittelbarer Nähe der Hauptverwaltung des Landschaftsverbands Rheinland (LVR), welcher in der Nachfolge des Rheinischen Provinzialverbandes tätig ist.
Das Zitat „WOHIN BRINGT IHR UNS?“ ist die überlieferte Frage eines Mannes, der von den Bussen abgeholt wurde, um in einem Vernichtungslager umgebracht zu werden.
Text und Foto stammen vom Kölner Stadtführer Uli Kievernagel, die ungekürzte Textfassung und viele weitere Informationen finden Sie auf
https://www.koeln-lotse.de/2021/06/05/das-denkmal-der-grauen-busse-wohin-bringt-ihr-uns/
Wir danken für die freundliche Abdruck-Genehmigung.