Planung, Didaktik, Literatur- und Fortbildungshinweise
Foto: Adobe Stock
Gedenkstättenfahrten nach Auschwitz am Helmholtz-Gymnasium in Hilden
Von Sebastian Eyerich
Tagesstruktur
Sebastian Eyerich, Lehrer am Helmholtz-Gymnasium in Hilden mit den Fächern Sozialwissenschaften und Pädagogik, organisiert seit 2013 in jedem Schuljahr eine Gedenkstättenfahrt mit Schüler*innen des Projektkurses in Q 1 nach Auschwitz. Im Laufe der Jahre hat sich folgende Struktur der Fahrt als ertragreich herausgebildet:
- Tag: Anreise in Oswiecim / Auschwitz, Erkundung der Stadt Oswiecim, geleitet von Freiwilligen Mitarbeiter*innen der Aktion Sühnezeichen; Schwerpunkt: Jüdisches Leben in Oswiecim.
- Tag: Besuch des Stammlagers, Auschwitz I; vormittags Führung mit Guide, nachmittags Länderausstellung, eigenständige Erkundung in Kleingruppen, abends erste Auswertung / Reflexion
- Tag: Auschwitz II, Birkenau, Führung mit Guide (dadurch möglich, den großen Turm über dem Eingangstor zu betreten)
- / 5. Tag: Krakau u.a. mit Besuch des jüdischen Viertels Übernachtung in Oswiecim nach Möglichkeit in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte, in fußläufiger Entfernung von Auschwitz I. Dort gibt es geeignete Seminarräume und Freizeitmöglichkeiten, insbesondere eine sehr gern genutzte, zur psychischen Entlastung wichtige Tischtennisplatte!
Achtung: Diese Unterkunft muss mindestens ein Jahr vorher gebucht werden!
Empfehlungen auf didaktisch-methodischer Ebene:
Vor der Fahrt sollen die Teilnehmer*innen neben der inhaltlichen Vorbereitung auch auf mögliche unerwartete Begleiterscheinungen des Besuchs hingewiesen und dafür sensibilisiert werden:
- Das Stammlager I ist ein Museum, mitunter hat der Besuch den Charakter von „Massentourismus“ mit räumlicher Enge und Zeitdruck bei der Führung
- Mitunter wirkt die Haltung der Guides zum Ort des Grauens scheinbar distanziert
- Immer wieder kommt es zu Begegnungen mit ungewohnten Formen der Erinnerungskultur, etwa von israelischen Jugendgruppen (Gesang, Zeigen der Flagge). Dies führt immer wieder zu der – verständlichen – Feststellung der Schüler*innen, dass sie „nicht sofort vom Grauen des Ortes gepackt werden“. Dies entspricht oft nicht den an sich selbst gestellten Erwartungen der Teilnehmer*innen und ruft Verunsicherung hervor. Durch entsprechende Informationen im Vorfeld kann dieser Verunsicherung entgegen gewirkt werden.
- Für die Erkundung von Auschwitz I und Auschwitz II erhalten die Schüler*innen das Angebot, aus einem „Bilderbuffet“, bestehend aus Fotografien beider Lager, Bildimpulse auszuwählen; das ausgewählte Bild kann sowohl bei der geführten Tour durch das Stammlager I als auch bei der eigenständigen Erkundung von Birkenau als auch bei der anschließenden Reflexion sensibilisierend und orientierend wirken.
- In der Auswertung und Reflexion des Besuchs soll die Aufmerksamkeit für die aktuellen Gefährdungen demokratischer Kultur geschärft werden. Dies geschieht durch Einbeziehen aktueller Erfahrungen und Beobachtungen der Teilnehmer*innen und aktueller politischer Ereignisse oder Debatten.
Literaturempfehlungen:
- „Konfrontationen“, das sind vom Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt herausgegebene Themen- Hefte zur pädagogischen Annäherung an die Geschichte und Wirkung des Holocaust. Themen sind u.a.: Identität, Gruppe, Ghetto, Deportationen, Todesmärsche und Befreiung.
- Ritscher, Wolf: Bildungsarbeit an den Orten nationalsozialistischen Terrors. Erziehung nach, in und über Auschwitz
Empfehlung zu Lehrer*innenfortbildung:
Das Fritz-Bauer-Institut bietet mehrtägige Fortbildungen an, die z.B. in Buchenwald stattfinden. in diesen Veranstaltungen werden keine fertigen Rezepte für Gedenkstättenfahrten serviert, sondern die Teilnehmer*innen
- werden angeleitet, das eigene Bild vom Nationalsozialismus zu reflektieren
- werden angeleitet, über eigene Toleranzgrenzen nachzudenken („Könnte ich als Leiter*in einer Gedenkstättenfahrt akzeptieren, dass Schüler*innen in einer KZ-Gedenkstätte essen, lachen…“?)
- erhalten aber auch methodische Anregungen für Gedenkstättenfahrten mit Jugendlichen durch Übungen, die vor und nach dem Besuch der KZ-Gedenkstätte eingesetzt werden können.Zu finden sind diese Fortbildungen beim Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt oder unter http://www.verunsichernde-orte.de/
Kontakt
Sebastian Eyerich steht für weitere Auskünfte und Unterstützung gerne zur Verfügung. Er ist erreichbar unter: Sebastian.Eyerich@ruhr-uni-bochum.de