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Didaktische Leitlinien und Empfehlungen des IBB
Arbeitskreis zum Programm „Jugend erinnert“ des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks g. GmbH (IBB g. GmbH)
Die zentralen Aspekte für die Konzipierung einer Gedenkstättenfahrt:
Freiwilligkeit
Jugendliche entscheiden selbst über ihre Teilnahme an einer Gedenkstättenfahrt. Dieser Aspekt ist vor allem im schulischen Alltag von Bedeutung. Herkömmliche Klassen- oder Kursfahrten werden nach Möglichkeit vermieden; es findet vielmehr eine freie Ausschreibung an der Schule statt, für die die Hürde jedoch möglichst niedrig gehalten wird. Individuelle Auswertungen der Gedenkstättenfahrt sollten nicht als schulische Leistungen bewertet werden.
Partizipation
Jugendliche werden in der Planung und vor allem bei der Nachbereitung einbezogen. Die Begleitung durch außerschulische Partner dient dem Ziel, das partizipative Element der Veranstaltungen zu stärken. Es wird ein Bezugspunkt im Umkreis der Jugendlichen gefunden; dies können etwa historische Orte oder Einzelschicksale sein. Auf diese Bezugspunkte wird das endgültige Programm aufgebaut.
Vorbereitung
Durch Vorbereitung wird das historische Wissen der Lerngruppe auf einen gemeinsamen Stand gebracht. Dabei stehen die verschiedenen Opfergruppen und Erinnerungskulturen im Mittelpunkt. Vor allem soll der historische Unterschied zwischen Ghettoisierung, Konzentrationslagern und Vernichtungsstätten deutlich werden. In einem zweiten Schritt erfolgen eigene Recherchearbeiten der Jugendlichen vor Ort. Dazu werden Gedenkstätten und Erinnerungsorte im Umfeld besucht. Aus den Recherchearbeiten und den Interessen der Jugendlichen selbst entsteht ein roter Faden für die Programmgestaltung.
Erinnerungskultur
Verschiedene Erinnerungskulturen, die es in Europa gibt, sollten erfahrbar und bewusst werden. Jugendliche sollen die Möglichkeit erhalten, die Kontroversität von Geschichtskulturen, die Ausstellungen und Gedenkstätten prägenden Grundentscheidungen zu verstehen. Dies ist insbesondere in heterogenen Lerngruppen, die ja zunehmend die Regel sind, von großer Bedeutung. Damit können Fragen der Jugendlichen vor dem Hintergrund ihrer unterschiedlichen Herkunft (Polen, Türkei, Länder der ehemaligen Sowjetunion, Jugoslawien, Naher Osten usw.) ebenso aufgenommen werden wie auch deren unterschiedliche Familiengeschichten.
Struktur, Emotion und Reflexion
Das Programm wird an die Bedürfnisse und Erfahrungen der jeweiligen Gruppe und ihre Erfahrungswelten angepasst. Es bietet auch genügend Raum für Reflexionen und Rückzug. „Weinen bildet nicht“ (V. Knigge) – darum kann Ziel einer gedenkstättenpädagogischen Arbeit nicht die emotionale Überwältigung der Jugendlichen sein. Für die mit großer Wahrscheinlichkeit auftretenden Emotionen der Beteiligten sind unbedingt Räume und Gesprächsarrangements einzuplanen.