Das Wilhelm Dörpfeld Gymnasium, Wuppertal
Mit freundlicher Genehmigung des WDG
Schulprogramm, Schulleitung, Fachkonferenzen, Förderverein und Menschen, die für das Thema brennen
Von Anne Ackers-Weiss
Das Wilhelm Dörpfeld Gymnasium (WDG) in Wuppertal besucht seit 12 Jahren im Rahmen eines Schüler*innen-Austauschs jährlich die Gedenkstätte des ehemaligen KZ Auschwitz. Ein Gespräch mit dem Koordinator Martin Schulte
Gedenkstättenfahrten haben dann einen besonderen pädagogischen Wert, wenn sie als regelmäßiges Ritual zur Erinnerungskultur einer Schule gehören. Voraussetzung hierfür ist die beständige Akzeptanz durch das Kollegium, die Schülerschaft und die Eltern.
Wie es gelingt, Gedenkstätten mit dem Rückhalt der Schulgemeinde über Jahre durchzuführen, zeigt das Beispiel des Wilhelm-Dörpfeld- Gymnasiums in Wuppertal. Diese Schule kann mit ihrem Vorgehen Vorbild für andere Schulen sein. Mit der Stadt Legnica, der Partnerstadt Wuppertals, pflegt das WDG seit 20 Jahren einen Schüler*innenaustausch. Seit 12 Jahren besuchen beide Schulen im Rahmen des Besuches gemeinsam das ehemalige KZ Auschwitz.
Jede Schule braucht mindestens ein Zugpferd
Martin Schulte organisiert für das WDG seit vielen Jahren den Austausch und die Fahrt nach Auschwitz, weil ihm diese Begegnung für die Schüler*innen sehr wichtig ist. „Die Schüler sagen, dass sie durch den Besuch der Gedenkstätte in Auschwitz mutiger geworden sind, laut zu werden und sich früher einzuschalten, als sie das bisher getan haben. Das ist natürlich das beste Feedback, was ich mir wünschen kann.“ Martin Schulte ist Geschichtslehrer in der Oberstufe. Sein vertrauensvolles Verhältnis zu den Schüler*innen und seine positive Vorstellung des Projektes sind eine Grundlage für die anhaltende hohe Akzeptanz.
Teilnehmen können Schüler*innen der Oberstufe. Die Teilnahme ist freiwillig. Meist muss die Fahrt nicht besonders beworben werden. Das Projekt ist an der Schule inzwischen so etabliert, dass es kein Problem ist, eine Gruppe von 20 Teilnehmer*innen zu finden. Die Information auf der Homepage reicht in der Regel aus. Nach seiner Erfahrung benötigt jede Schule für ein solches Projekt ein Zugpferd, das bereit ist, Zeit und Ideen zu investieren. Da der Gedenkstättenbesuch mit einem Austausch verbunden ist, muss ja auch der Gegenbesuch organisiert werden.
Schulleitung, Schulprogramm, Fachkonferenzen, Förderverein – und Menschen, die für das Thema brennen
Wichtig für die nachhaltige Akzeptanz im WDG ist auch die Haltung der Schulleitung. Sie macht deutlich, dass sie dem Projekt großen Wert zuschreibt. Für die Lehrer*innen, die die Fahrten begleiten, schafft sie gute Rahmenbedingungen. „Ohne Schulleitung, die die Rahmenbedingungen schafft, geht es nicht.“ Im WDG ist der Schüler*innen-Austausch mit Polen und der Besuch des ehemaligen KZ Auschwitz im Schulprogramm verankert. Die Leitungsebene überprüft in regelmäßigen Abständen, ob das Schulprogramm „gelebt“ wird und steuert die notwendigen Entwicklungsprozesse. Aber auch das reicht nach Einschätzung von Martin Schulte nicht. „Man muss Menschen haben, die für das Thema brennen und die Notwendigkeit sehen, es anzuschieben.“ Die Fachkonferenzen der Schule tragen mit fachspezifischen Festlegungen in den schulinternen Lehrplänen für eine gelebte Erinnerungskultur in den unterschiedlichen Jahrgangsstufen bei. Martin Schulte weist auch auf die wichtige Rolle des Fördervereins für die Akzeptanz des Projektes hin. Er vermittelt allen Interessenten: Niemand bleibt zu Hause, weil er die Fahrt nicht bezahlen kann.
Weitere Projekte zur Erinnerungskultur am WDG
Seit einigen Jahren fahren die Schüler*innen des LK Geschichte vor den Herbstferien nach Buchenwald. Vier Tage verbringt die Gruppe in der Gedenkstätte. Einen weiteren Tag widmen die Schüler*innen dem Besuch von Dora-Mittelbau in Nordhausen oder dem Gedenkort Topf und Söhne in Erfurt. Für die Schüler*innen der Jahrgangsstufe 9 findet jährlich eine zweitägige Fahrt zur ehemaligen NS-Ordensburg Vogelsang statt. Dieses Projekt wird von den Fachkonferenzen Praktische Philosophie und Religion durchgeführt.
Martin Schulte gelingt es auch, in regelmäßigen Abständen Zeitzeugengespräche mit ehemals Verfolgten oder deren Nachkommen zu organisieren. Dazu versammeln sich in der Aula alle Schüler*innen Schüler der Sekundarstufe II. „Die Zeitzeugen sind ein echtes Geschenk für unsere Schüler.“ In der Vergangenheit gehörten auch Filmtage mit dem Institut für Kino und Filmkultur zu den Aktivitäten der Schule. Das Institut zeigt sogenannte „Vorbehaltsfilme der NS-Propaganda“. Sie bieten einen Einblick in die Manipulationsmethoden der Nazis durch den Film. Die Filme werden durch Mitarbeiter des Instituts moderiert. Für das WDG wurde z.B. „Jud Süß“ in einem städtischen Kino gezeigt. Organisation und Finanzierung erfolgt über das Institut. Laut Martin Schulte eine sehr empfehlenswerte Adresse.
Institut für Kino und Filmkultur e.V. IKF, 65189 Wiesbaden
T: 0611/2052288
Netzwerke
Das WDG gehört auch zum Netzwerk „Schule gegen Rassismus – Schule mit Courage“. Auch in diesem Zusammenhang finden jährliche Projekte statt. Martin Schulte ist in Sachen Erinnerungskultur ein begeisterter Netzwerker. „Leute zu finden, die mit ähnlichen Werten unterwegs sind wie ich, das ist wunderbar. Andere zu finden, sie mitzunehmen, sie für diese Sache begeistern, das ist bereichernd. Und jeder, der sich ein bisschen mit Geschichte auseinandersetzt sieht doch, dass das Übel Anlauf nimmt.“ Martin Schulte bietet sich als Netzwerker an. Unter Martin.Schulte@stadt.wuppertal.de kann man mit ihm Kontakt aufnehmen.