TIPP
Einige Gedenkstätten bieten inzwischen Unterrichtsmaterialien an, mit denen Sie sich konkret auf den Besuch vorbereiten bzw. diesen nachbereiten können. Fragen Sie in den Bildungsabteilungen nach, sollten Sie auf den Websites nicht fündig werden bzw.
Beratung wünschen.
2. Weitere Vorbereitungsthemen:
Abgesehen von der inhaltlichen, das heißt geschichtsdidaktischen Vorbereitung auf den Gedenkstättenbesuch, können andere Themen durchaus im Unterricht vorbereitend besprochen bzw. erarbeitet werden:
- Die Funktion und Aufgaben von Gedenkstätten heute klären; Gedenkstätten als multidimensionale und historisch überlagerte Orte (Stichwort: Authentizitätserwartung)
- Erwartungen an den Ort und an die Ortserfahrung klären; welche Bilder werden von den Schüler*innen mitgebracht? Worüber möchten Sie gern mehr erfahren? Welche Fragen würden sie vor Ort gern stellen?
- Was beinhaltet bzw. was schließt ein „angemessenes Verhalten“ in einer Gedenkstätte aus? Die Schüler*innen aktiv miteinbeziehen und gemeinsam oder in Gruppenarbeit herausarbeiten lassen, was sie darunter verstehen.
- Wünscht sich die Klasse ein gemeinsames Gedenken? Wenn ja, wie kann dies aussehen? Welche Formen und Rituale des gemeinsamen oder individuellen Gedenkens sind ihnen bekannt, haben sie selbst schon miterlebt? Bei welchen Ritualen fühlen sie sich wohl, bei welchen unwohl?
Wichtig: Die Klasse sollte sich gemeinsam dafür entscheiden, ob sie eine kleine Gedenkzeremonie abhalten möchte, sie gemeinsam planen und durchführen. Es ist nicht die Aufgabe der Lehrkraft, die Vorbereitungen zu treffen und die Schüler*innen zu Zuschauern*innen oder gar unmotivierten Beteiligten zu machen. Mögliche Gedenkformen können sein:
- Zitate, Erinnerungen vorlesen
- eigene Texte vorlesen
- Blumen niederlegen
- Musik / Gesang
- individuelles Gedenken: Jede*r legt eine Blume an einem für ihn*sie wichtigen/ passenden Ort ab.
3. Nachbereitung
Es sollte Zeit und Raum für eine Nachbereitung / -besprechung des Gesehenen und Erlebten geben! Ein gemeinsames Gespräch in der Gruppe kann helfen, die persönlichen Eindrücke zu verarbeiten und einzuordnen. Während des Besuches entstandene Fotos oder Arbeitsergebnisse können hier einen Gesprächseinstieg bieten. Die Auswertung sollte jedoch nicht durch Fragen eingeleitet werden, welche die Schüler*innen gleich zu Anfang emotional exponieren, bspw. Wie ging es Euch damit? Wenn Sie aber merken, dass es einen Bedarf gibt, über Gefühle und andere persönliche Wahrnehmungen zu sprechen, sollten Sie diesem unbedingt Platz einräumen. Überlegen Sie im Vorfeld, wie Sie diesem Nachgespräch den nötigen Raum und Rahmen ermöglichen können. Dazu gehört auch, an den Gedenkstättenbesuch nicht gleich den nächsten Programmpunkt anzuschließen. Befinden Sie sich auf einer Kursfahrt, erkundigen Sie sich im Vorfeld, ob und wo die Jugendherberge oder das Hostel Räume hat, als Gruppe zusammenzukommen. Ist der Gedenkstättenbesuch lediglich eine eintägige Exkursion, sollten Sie für den darauffolgenden Tag in der Schule eine Nachbereitung fest einplanen. Methodische Möglichkeiten der Reflexion und nachhaltigen Einbettung:
- Reflexion im Plenum: Wurden Erwartungen erfüllt? Sind Fragen unbeantwortet geblieben? Woran erinnern sich die Schüler*innen noch? Haben sie in der Familie darüber gesprochen bzw. anderen davon erzählt?
- Reflexion in Kleingruppen oder im Plenum zu weiterführenden Fragen: Was hat die Geschichte mit mir / mit uns heute zu tun? Warum oder wozu sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus heute noch befassen?
- Wenn Fotos oder andere Arbeitsergebnisse (Poster, Texte, Audioaufnahmen etc.) während eines Seminars erstellt wurden, diese eventuell noch einmal betrachten oder ggf. ausstellen.
- Berichte für die Schülerzeitung oder die Homepage der Schule oder Wandzeitungen
- Sollte der Besuch im Kontext eines länger angesetzten Projektes stattfinden, können persönliche Lerntagebücher mit Reflexionsfragen zu einzelnen Abschnitten eine Form der individuellen Auseinandersetzung mit dem Thema sein.
Bezüglich der inhaltlichen Einbettung des Gedenkstättenbesuches in den Geschichtsunterricht und der Möglichkeiten, im Anschluss auf den Besuch thematisch aufzubauen, möchte ich Ihnen lediglich einen anregenden Fragenkatalog mitgeben, der Sie bei Ihren Überlegungen womöglich unterstützen kann.
Mögliche Fragen:
- Um die Thematik zu vertiefen und an die eigene Umgebung anzuknüpfen, sind Recherchen zur nationalsozialistischen Geschichte des Wohnorts oder der Schule denkbar. Vielleicht gab es in der Nähe ein KZ-Außenlager oder NS – Zwangsarbeiterlager.
- Bezüge zu Gegenwartsrealitäten – was hat der NS mit unserer heutigen Gesellschaft zu tun?
- Wurde aller Betroffenen der NS-Verfolgung gleichermaßen und zeitgleich gedacht und ihr Leid anerkannt und / oder entschädigt? Gibt es Kontinuitäten nach 1945 (bspw. Kriminalisierung von Homosexualität, Umgang mit der Minderheit der Sinti und Roma, Verständnis von Asozialität, usw.)?
- Was habt Ihr über die Entstehung von Gedenkstätten erfahren, was war hierzu notwendig (Einrichtung von Gedenkstätten als Bürgerinitiative / Kampf von Überlebenden und kleineren Bündnissen gegen viel gesellschaftliche und politische Gegenwehr)?
- Welche Rolle spielt Erinnerungskultur und Geschichtspolitik bei der Rezeption und Interpretation von Geschichte? Welche Rolle spielt Gedenken an den NS in unserer heutigen Gesellschaft? Welche Debatten werden darum geführt?